Mindestlohn auch bei Krankheit?

Seit der Einführung des Mindestlohns werden immer neue Fragen aufgeworfen, die im Gesetz nicht abschließend geklärt sind. Etwa diese: Muss der Arbeitgeber bei Krankheit auch den Mindestlohn zahlen? Eine erste Antwort darauf hat das Bundesarbeitsgericht gegeben.

Erstmals seit Einführung des Mindestlohngesetzes im Januar hat sich das Bundesarbeitsgericht mit einem mit dem Gesetz im Zusammenhang stehenden Fall beschäftigt. Dabei haben die Erfurter Richter entschieden, dass Arbeitgeber – hier auf pädagogisches Personal bezogen – den in ihrer Branche geltenden Mindestlohn auch bei krankheitsbedingten Ausfällen von Angestellten und auch an Feiertagen zahlen müssen (Entscheidung vom 13. Mai 2015; AZ: 10 AZR 191/14).

In dem Fall ging es um eine Aus- und Weiterbildungsfirma in Niedersachsen und dabei nicht nur primär um das Mindestlohngesetz, sondern um einen für bundesweit bis zu 22.000 Beschäftigte der Weiterbildungsbranche geltenden Mindestlohn-Tarifvertrag. Diese Firmen bekommen Aufträge beispielsweise von Arbeitsagenturen.

Nach Ansicht von Arbeitsrechtlern kann die Entscheidung dennoch Auswirkungen auf andere Fälle nach dem seit Januar geltenden Mindestlohngesetz haben. Denn hier fehlt eine eindeutige Regelung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Viele Fragen offen – weitere Klagen erwartet

Inwiefern eine Klagewelle auf die Gerichte zurollt, wird unterschiedlich eingeschätzt. Ingrid Schmidt etwa, Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, sieht die Gefahr nicht, sagte kürzlich aber dennoch: „Das Mindestlohngesetz wird einigen Arbeitsstoff für die Gerichte produzieren.“ Das betreffe auch Praktikantenverhältnisse, Zulagen oder Zuschläge.

Gewerkschaften rechnen hingegen mit einer Reihe von Klagen. Denn einige Fragen sind durch das Mindestlohngesetz noch nicht beantwortet. Beispielsweise, ob Urlaubs-, Weihnachts- oder Tagesgeld auf den Mindestlohn anrechenbar sind. Auch die Bezahlung von Bereitschaftszeiten ist nicht geregelt.

Hintergrund zum Mindestlohngesetz

In Deutschland gilt seit dem 1. Januar 2015 ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn für Arbeitnehmer und auch für die meisten Praktikanten. Betroffene müssen seither mit 8,50 Euro brutto Stundenlohn bezahlt werden. Allerdings gibt es für einige Branchen eine Übergangsphase bis 2017. In dieser Zeit können Tarifpartner, also Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, auch Stundenlöhne unter 8,50 Euro vereinbaren.

Ausnahmen sieht das Gesetz jedoch auch vor, diese betreffen vor allem Praktikanten. Schüler und Studierende, die das Praktikum im Rahmen ihrer Ausbildung absolvieren, haben ebenso wenig Mindestlohnanspruch wie junge Menschen, die ein Orientierungspraktikum für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums machen. Voraussetzung hierfür: Das Praktikum darf nicht länger als drei Monate dauern, andernfalls gilt auch hier der Mindestlohn.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft