Blitzer-Marathon: Wie man um die Strafe herum kommt

Zum zweiten Mal wurden am 18. September ab sechs Uhr 24 Stunden lang in ganz Deutschland Fotos geschossen – beim Blitzer-Marathon. Wer als Autofahrer erwischt wird, muss aber noch nicht zwingend Punkte aus Flensburg fürchten: Es gibt Chancen, die ungeliebten Folgen abzuwenden.

Unter dem Titel „Deutschlandweit – gemeinsam gegen Schnellfahrer“ gingen die Raser-Jäger auf die Straßen. Bei der Premiere im vergangenen Jahr erwischten die Behörden so 83.000 Temposünder. Wie damals sind die Standorte der Blitzer auch dieses Mal bekannt – und dennoch wird mit einer ähnlichen Quote gerechnet.

Eine Änderung gibt es dennoch: Seit dem 1. Mai diesen Jahres sind Blitzerfotos noch unangenehmer, denn mit der Reform des Flensburger Verkehrszentralregisters trat auch ein neues Punktesystem in Kraft. Zwar bleibt es bei der Punktestrafe je nach Schnelligkeitsvergehen, doch ist der Führerschein nunmehr schon bei acht anstatt wie bisher erst bei 18 Punkten futsch.

Doch gibt es Möglichkeiten, gegen eine Tempo-Strafe vorzugehen. Dabei sind Autofahrer auf anwaltliche Unterstützung angewiesen, da nur Anwälte Zugang zu der Ermittlungsakte erhalten und diese auf Fehler prüfen können. Klar ist dabei aber auch: Wer nachgewiesen zu schnell fährt und erwischt wird, muss mit den Konsequenzen leben.

Erster Schritt: Schweigen

Bevor ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird, muss die Bußgeldstelle zunächst den Fahrer ermitteln. Dazu verschickt sie einen Anhörungsbogen, auf dem man sich zu den Vorwürfen äußern kann. Bevor man auf dem Anhörungsbogen jedoch Angaben zur Sache macht und sich wehren will, sollte man alle Details und das weitere Vorgehen mit einem Anwalt besprechen. Beim Vorgehen gegen Bußgeld und Punkte gibt es verschiedene Ansatzpunkte:

Verjährung

Eine entscheidende Rolle im Bußgeldverfahren spielt die Verjährungsfrist. Sie beträgt bei Ordnungswidrigkeiten drei Monate ab der Tat. In dieser Zeit müssen die Behörden den Fahrer ermittelt und einen Bußgeldbescheid erlassen haben.

Die Verjährungsfrist kann durch eine Anhörung unterbrochen werden – von diesem Zeitpunkt an beträgt sie dann erneut drei Monate. Diese Unterbrechung darf aber nur einmal erfolgen. In der Regel geschieht das mit der Zustellung des Anhörungsbogens. Allerdings bewirkt auch eine Anhörung durch die Polizei eine Unterbrechung. Das heißt: Wenn vermeintliche Temposünder direkt nach der Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten werden, kann sich daraus ein entscheidender Vorteil ergeben. Denn die Bußgeldbehörden prüfen häufig nicht, ob die Polizei den Autofahrer schon angehört hat und nehmen dann fälschlich an, dass mit der Zusendung des Anhörungsbogens die Frist erneut läuft. Die Verjährungsfrist läuft dann ab, bevor die Behörde zu Ende ermittelt hat: Das Problem des Temposünders erledigt sich quasi von selbst.

Beweisfoto

Eine weitere Hürde für die Behörde ist die eindeutige Identifizierung des Fahrers. Hier ist das Blitzerfoto entscheidend. Um den Fahrer auf dem Foto zu identifizieren, dürfen die Ermittlungsbehörden auch Profilbilder in sozialen Netzwerken prüfen oder den möglichen Fahrer zu Hause besuchen. Allerdings ist eine eindeutige Identifizierung, die auch vor Gericht bestand hat, gar nicht so einfach. Um ein Foto zweifelsfrei einer Person zuordnen zu können, muss nämlich eine Vielzahl von biometrischen Merkmalen auf dem Bild identifizierbar sein. Das ist oft nicht der Fall. Ist das Gesicht des Fahrers beispielsweise durch dessen Hand oder eine Sonnenblende teilweise verdeckt, lässt sich Temposünder nicht identifizieren. Bußgeld und Punkte können dann nicht verlangt werden.

Sollte der Fahrer nicht zweifelsfrei zu identifizieren sein, kann die Verwaltungsbehörde zu einem anderen Mittel greifen, um zumindest für die Zukunft Unklarheiten auszuräumen: die Pflicht, ein Fahrtenbuch zu führen. Eine solche Fahrtenbuchauflage gilt nicht als Strafe, sondern als vorbeugende Maßnahme, um sicherzustellen, etwaige Verstöße in Zukunft effektiv zu ahnden. Die Dauer der Fahrtenbuchführung variiert, beträgt in der Regel aber höchstens ein Jahr. Bei kleineren Verstößen gegen die Höchstgeschwindigkeit muss meist ein halbes Jahr ein solcher Fahrernachweis geführt werden. Da die Rechtslage derzeit noch recht unübersichtlich ist, kann es sich lohnen, die Anordnung durch einen Verkehrsrechtsanwalt überprüfen zu lassen.

Messfehler

Lässt das Blitzerfoto keine Zweifel an der Identität des Fahrers zu und dieser beharrt, nicht zu schnell unterwegs gewesen zu sein, lohnt ein Blick auf die Technik, da Messfehler in der Praxis sehr häufig vorkommen. Ein Vorteil für den Beschuldigten ist, dass viele Hersteller moderner Blitzanlagen den technischen Sachverständigen genauere Angaben verweigern, weil sie ihr Geschäftsgeheimnis wahren wollen. Immer wieder kommt es deshalb zu Gerichtsurteilen, die eine Verwertbarkeit solcher Messergebnisse in Frage stellen.

Über die einwandfreie Funktion der Anlage hinaus gelten für eine gültige Messung weitere Kriterien: So darf die Anlage zum Beispiel nur von speziell geschulten Beamten bedient werden und muss geeicht sein. Fehlen in den Unterlagen entsprechende Nachweise, kann das Messerergebnis und damit der Tempoverstoß angezweifelt werden.

Besondere Umstände

Die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Bußgeldkatalog geht immer von einer fahrlässigen Begehung und „gewöhnlichen Tatumständen“ aus. Es kann aber durchaus Bedingungen geben, die den Fahrer entschuldigen. Zum Beispiel, wenn man auf der Autobahn einem plötzlich ausscherenden Fahrzeug ausweichen muss und deshalb eine Geschwindigkeitsbegrenzung übersieht.

Empfohlene Vorgehensweise

  • Wenn Sie von der Polizei angehalten werden, nachdem Sie geblitzt wurden: Berufen Sie sich auf Ihr Recht zu Schweigen und machen Sie keine Angaben zu der Geschwindigkeitsüberschreitung. Äußern Sie auch keine Entschuldigungen wie „Ich hatte es eilig“.
  • Wenn Sie den Anhörungsbogen per Post erhalten: Machen Sie auch hier keine Angaben. Wenn der Bogen an Sie adressiert ist, können Sie davon ausgehen, dass der Behörde ihre persönlichen Daten bereits vorliegen. Sie brauchen den Bogen also gar nicht zurück zu schicken.
  • Überprüfen Sie, wie hoch die Geschwindigkeitsüberschreitung ist, die man Ihnen zur Last legt. Nach dem neuen Punktesystem kann Ihnen schneller als bisher der Entzug des Führerscheins drohen. Hier können sie nachschauen, welche Strafe Ihnen droht. Überprüfen Sie, welche Konsequenzen zusätzliche Punkte oder ein vorübergehendes Fahrverbot für Sie hätten. Den aktuellen Stand ihres Punktekontos können Sie beim Kraftfahrtbundesamt in Erfahrung bringen.
  • Vor allem, wenn Sie beruflich auf Ihren Führerschein angewiesen sind, können sich rechtliche Maßnahmen lohnen. Sprechen Sie mit einem Anwalt oder einer Anwältin, um Ihre Erfolgsaussichten zu erläutern. Wenn Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen: Prüfen Sie, ob Ihre Kosten übernommen werden.

Quelle: Deutsche Anwaltsauskunft