Ab wann greift die Krankenversicherung?

Wer krank wird, hat Ansprüche gegenüber seiner Krankenkasse und – soweit vorhanden – gegenüber seinen Zusatzversicherungen. Der Versicherungsschutz greift grundsätzlich erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages. Was ist aber, wenn eine Krankheit vorher schon festgestellt wurde?

Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob bei der Feststellung der Krankheit bereits eine Behandlung begonnen werden muss. Denn der Versicherungsschutz greift tatsächlich erst bei der Heilbehandlung, also der ärztlichen Tätigkeit. Über die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe informiert die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Zahnzusatzversicherung und Implantatbehandlung

Der Mann schloss eine Zahnzusatzversicherung zum 1. November 2008 ab. Im August desselben Jahres war er bereits bei seinem Zahnarzt gewesen. Dieser hatte eine Röntgenaufnahme gemacht und den Patienten über möglichen Zahnersatz beraten. Im Jahre 2012 setzte er seinem Patienten dann Implantate ein. Die Behandlung kostete rund 7.300 Euro. Nach Abzug eines Zuschusses der Krankenkasse von rund 381 Euro machte der Mann bei seiner Versicherung 80 Prozent der Summe geltend. Diese zahlte jedoch nicht mit der Begründung, der Versicherungsfall sei bereits vor Antragstellung eingetreten. Der Versicherte klagte.

Krankenkasse muss Zahnarztbehandlung zahlen

Für das Gericht steht fest: Versichert sind alle Heilbehandlungen, die nach Abschluss des Versicherungsvertrages begonnen werden. Der Versicherungsfall beginne nicht bereits mit der Erkrankung selbst, sondern erst mit der Heilbehandlung und ende danach erst, wenn keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehe. Die reine Befunderhebung mit dem Röntgenbild stelle keine solche Heilbehandlung dar.

Das Gericht musste daher zunächst einmal feststellen, ob aufgrund des Befunds, dass die Brücke schadhaft war, der Arzt seinen Patienten sofort hätte behandeln müssen. Hierzu beauftragte das Gericht einen Sachverständigen, der zu dem Ergebnis kam, dass beides möglich war: Arzt und Patient hätten schon direkt eine Behandlung beginnen können, aber eben nicht müssen. Es sei genauso gut vertretbar gewesen, mit der Behandlung noch zu warten. Aus Sicht des Sachverständigen war die Dringlichkeit und Notwendigkeit einer Behandlung nicht gegeben.

„Die Entscheidung, die Implantatbehandlung im August 2008 nicht durchzuführen, stellt eine medizinisch vertretbare Vorgehensweise dar. Der behandelnde Zahnarzt hat sich damit in dem ihm eröffneten Beurteilungsspielraum bewegt“, schlussfolgert das Gericht. Somit sei die Implantatbehandlung im Sinne einer Heilbehandlung erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages und nach Ablauf der Wartezeit notwendig gewesen. Im Übrigen habe der Patient seinen Zahnarzt erst wieder aufgesucht, als sich im Jahre 2011 eine schmerzhafte Zyste entwickelt habe. Dies sei der konkrete Anlass für die Implantatbehandlung gewesen. Im Jahre 2008 dagegen habe der Mann nicht unter Schmerzen gelitten.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft